Sprache schafft Wirklichkeit
Heute hat mich ein Gespräch sehr zum Nachdenken gebracht! Mir war nicht bewusst, was es für psychologische und kommunikative Unterschiede macht, wenn ich in Sätzen "aber" statt "und" verwende!
Es ging um eine Situation, die aktuell für mich absolut stimmig ist, allerdings einen Faktor beinhaltet, der mich stört. Mein Satz klang ungefähr so: "Ich bin total dankbar darüber, dass es gerade so gut läuft, aber ich merke, wie mir diese eine Sache fehlt." Meine Gesprächspartnerin schlug mir folgenden Satz vor: "Wie wäre es, wenn du sagst `Ich bin total dankbar darüber, dass es gerade so gut läuft UND ich merke, dass mir diese eine Sache fehlt´"?
Wumms!
Tatsache! Dass ein "Aber" oft eine Gegenüberstellung darstellt, bei der ein Thema das vorhergehende entweder in den Hintergrund drängt, als weniger wichtig erscheinen lässt oder einen problematischen Ist-Zustand beschreibt, der eine dringende Lösung erfordert, war mir in der Theorie zwar bekannt, aber noch nie so deutlich wie heute!
Wenn allerdings ein "UND" beide Aussagen miteinander verbindet, lässt es beide Aussagen auch gleichwertig nebeneinander stehen und drängt keine der beiden Informationen in den Hintergrund. Stattdessen vermittelt es eine offenere und ausgewogenere Botschaft, die mehr Raum für Komplexität lässt.
Was sagt die Wissenschaft dazu?
"Aber" führt oft dazu, dass die ersten Informationen des Satzes vergessen oder abgewertet werden, weil sich der menschliche Verstand auf den zweiten Teil des Satzes konzentriert. In der zwischenmenschlichen Interaktionen kann das negative Auswirkungen haben, da es dem Gesprächspartner suggerieren kann, dass positive Aussagen nur ein Vorwand für Kritik sind.
Deshalb wird die Verwendung von "und" in der Positiven Psychologie und der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) eher bevorzugt, weil ein "und" zu einer Welt einlädt, in der mehrere Perspektiven gleichzeitig existieren können, ohne dass eine die andere verdrängt.
Auch in der Systemtheorie und Konfliktforschung wird "und" als wertvolle Verknüpfung gesehen, weil hier scheinbar widersprüchliche Informationen miteinander verknüpft werden, ohne dass sie in einen Gegensatz gebracht werden müssen. Gerade in der systemischen Sichtweise, in der unterschiedliche Standpunkte gleichwertig betrachtet werden, ist der Gebrauch von "und" also absolut von Vorteil.
Mit anderen Worten: Bewusster Umgang mit Worten kann sowohl im beruflichen als auch im persönlichen Kontext dabei helfen, eine kooperative und integrative Kommunikation zu fördern.