Unsere Namen sind niemals Nebensache

 

Als ich vor 44 Jahren auf die Welt kam, hatte ich 10 Tage keinen Namen.


Der Grund: Meine Eltern wollten mir den Namen der ersten muslimischen Märtyrerin geben. Leider wussten sie nicht, wie der lautete. Also mussten sie erstmal ohne Internet recherchieren, während das Standesamt in Engelskirchen ihnen wegen der Frist im Nacken sass.

Am Ende waren alle glücklich. Nur ich nicht. 😶‍🌫️

Wenn ein Name Arbeit macht

Denn egal, ob im Klassenzimmer, Pausenhof, bei Behördenterminen oder in der Uni: J e d e s m a l musste ich nicht nur meinen Namen buchstabieren, sondern auch Fragen wie "Woher kommt dein Name?", "Hast du auch einen Spitznamen?" und "Wie spricht man ihn aus?" beantworten oder ein entschuldigendes "Nicht böse sein, aber ich werde mir deinen Namen nicht merken können." weglächeln.

Heute antworte ich anders, denn abgesehen davon, dass ich bei "interessanten" Fragen mittlerweile auch mal m e i n e n Fragenkoffer zücke 😎, liebe ich meinen Namen, denn er trägt eine Geschichte, steht für eine Haltung und hat eine Bedeutung. Übrigens: Je nach Region und Sprache wird er auch Sumayya, Soumaya oder Somaya geschrieben. Sümeyye ist die türkische Schreibweise.

Doch bei all den Schreibweisen bleibt am Ende vor allem seine historische Bedeutung und diese geht zurück auf Sumeyya bint Khayyat, der ersten muslimischen Märtyrerinnen, die für ihren Glauben gefoltert und getötet wurde.

Für meine Eltern war dieser Name ein Statement und eine bewusste Entscheidung gegen Anpassung und für Haltung. Irgendwie auch ein leiser Widerstand in einer Welt, in der Namen wie meiner schnell als "zu viel" gelten oder als Projektionsfläche herhalten müssen.

Aber: Er hat auch noch eine andere Bedeutung, und das habe ich erst viele Jahre später erfahren, denn der Name Sümeyye leitet sich sprachlich und etymologisch von der Wurzel "s-m-w" ab, was so viel bedeutet wie "hoch sein", "emporsteigen", "erhaben" oder "hervorragend". Und das Wort "sama’" bedeutet "Himmel". Die Form Sümeyye kann man also als Verkleinerungsform interpretieren, was dann "kleiner Himmel" oder "Teil vom Himmel" bedeuten würde.

Bedeutung, Geschichte und Widerstand

Heute weiss ich, dass ich beides in mir trage. Widerstand und Würde. Geschichte und Vision. Und immer mit der Rebellin im Gepäck.

Mein Name ist für mich mein Kompass nach innen und nach außen, und ich sehe ihn als Einladung und Erinnerung, um mich immer wieder zu fragen: Was trag ich eigentlich mit diesem Namen in die Welt?

Namen sind weder neutral noch Nebensache. Sie erzählen Geschichten, formen Beziehungen, bilden biografische Brücken und prägen Identität. Und ja, manchmal sind sie leider auch Barrieren, denn wer einen Namen trägt, der nicht in vorgefertigte Raster passt, wird nicht wirklich an die Entscheider-Tische gerufen.

Fazit: Ich bin Sümeyye, mit Ü, zwei Y und allem, was dazugehört 🤓 und ich glaube, dass es sich sehr lohnt, wenn man sich mit dem eigenen Namen auseinandersetzt.

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Was wir wirklich fragen, wenn wir nach Namen fragen

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Echte Führung braucht keine Abhängigkeit